
Herr Z
Physiotherapeut, NRW, † 2017
Meine Botschaft
„Jetzt, wo ich hier im Hospiz bin, ist meine Botschaft: Nicht zurückblicken und denken, dass man Chancen vertan hat oder etwas anders hätte machen sollen. Man trifft eine Entscheidung und im Rückblick könnte, man denken, dass das falsch war, aber in dem Moment, wo man die Entscheidung getroffen hatte, war man doch sicher, es richtig zu machen. Und man soll halt die Sachen machen, die jetzt gut sind und einem Spaß machen und nach vorne blicken, nicht zurück.“
Meine Geschichte
Ich habe einen nicht allzu großen Freundeskreis, aber der hat Qualität…
Worauf bin ich stolz, ja da kann ich ja gleich sagen, dass ich stolz bin, hier mitzumachen.
Eigentlich fallen mir dazu zwei Sachen ein.
Die wichtigste Geschichte ist, dass ich die ein oder andere Beziehung hatte im Leben, im Moment lebe ich allein, jedenfalls nicht in einer Zweierbeziehung. Aber ich habe eine Freundschaft seit nun mehr als 20 Jahren zu einer Person, die ohne dass wir ein Paar wären zu mir hält, darauf bin ich stolz.
Das ist nicht selbstverständlich, dass ich Leute habe, die einfach bei mir sind, einfach gedanklich und emotional zu mir stehen. Wir müssen uns nur ab und zu sehen, vielleicht mal ins Kino gehen, Theaterbesuch oder mal am Wochenende rausgehen. Wir können uns aber auch eine längere Zeit nicht sehen oder treffen und trotzdem ist dieser Mensch immer für mich da. Ich muss keine Angst haben, dass sie einmal nicht mehr für mich da ist. Ich muss nicht fürchten, dass diese Beziehung einmal endet, weil die Basis eine andere Emotion ist. Das ist etwas Anderes als Liebe im Sinne von ein Pärchen sein. Das ist auch mehr als Verwandtschaft, die kann man sich ja nicht aussuchen also ist Verwandtschaft ja nicht freiwillig, diese Freundschaft ist freiwillig. Ich habe dieser Person auch schon öfter geholfen und bin für sie da gewesen.
Ich frage mich in meiner Situation hier im Hospiz, warum dieser Mensch bei mir bleibt und mit mir diesen harten Weg geht. Schon lange begleitet sie mich in meiner Krankheit und meinem gesamten Leben. Viele sagen mir:“ Das hättest du bestimmt umgekehrt genauso für sie getan.“ Das weiß ich nicht, ich bin ja nicht in der Situation jemanden zu begleiten, der bald sterben wird. Ich könnte das nicht beweisen, das wäre jedenfalls nicht selbstverständlich. Eigentlich bin ich froh, nicht in ihrer Situation zu sein, einen nahen Menschen bis zum Tod begleiten zu müssen. Also, warum macht sie das und bleibt an meiner Seite und geht mit mir durch dick und dünn?
Es gibt auch noch andere Menschen um mich, die nach mir fragen und mich schon über Jahre hinweg begleiten. Ich habe einen nicht allzu großen Freundeskreis, aber der hat Qualität.
Manchmal sage ich den Freunden, sie sollen auch mal an sich denken, Abstand von mir halten und sich Zeit nehmen, um ihr Ding zu machen. Ich weiß nicht, woher die ihre Kraft nehmen, das alles mitzutragen.
Aber eigentlich höre ich gerade hier im Hospiz auf, immer nach dem „Warum“ zu fragen. Ich höre auch auf „Danke“ zu sagen, wenn mir jemand etwas Gutes tut. Und ich überlege nicht mehr, wie ich mich dann revanchieren kann. Ich lerne gerade, anzunehmen, ohne mich zu einer Gegenleistung gezwungen zu fühlen. Das war früher anders und ist auch bei anderen anders, da wird geguckt, wer hat mich eingeladen, dann muss ich den auch einladen. Was hat derjenige mitgebracht zur Party, dann muss ich zu seiner Feier auch so viel mitbringen. Das ist das, was hier im Hospiz geht, einfach annehmen.